Faszientraining im Orientalischen Tanz – Ninjas und die 10

Saidi-Hüpfer auf der Bühne - Foto: R. Jedamzik

Im zweiten Teil dieser Reihe möchte ich dir einige Übungen vorstellen, die ich im Tanzunterricht zum gezielten Aktivieren, Spüren und Trainieren der Faszien einsetze.

Du bist sicher in einen Tanzkurs gegangen, weil du tanzen möchtest. Wenn du Gymnastik machen wolltest, wärst du in einen Gymnastikkurs gegangen. Dass ein gewisser Grad an Training, das nicht unmittelbar wie Tanz aussieht, zu einem fundierten Tanzunterricht gehört und ein schönes Tanzen erst möglich macht, interessiert dich vermutlich wenig. Muss es auch nicht. Du willst tanzen.

Es ist meine Aufgabe als Dozentin, dieses Training so zu verpacken und anzubieten, dass es dir Spaß macht. Also versuche ich alle Elemente meines Tanzunterrichts, soweit wie möglich, tänzerisch zu gestalten.

Das tue ich auch, wenn es um Faszien geht. Geschmeidige, bewegliche Faszien sind wichtig für unseren Tanz. Es gibt viele, viele Übugen, mit denen ich sehr effektiv Faszien trainieren kann. Wenn du ein Faszientraining möchtest, dann sind sie sicherlich die erste Wahl. Wenn du aber eigentlich tanzen möchtest, sind Faszienrolle und Gymnastik für dich vermutlich abschreckend.
Deshalb beschränke ich mich hier auf Übungen, die ich im Tanzunterricht einsetze, ohne den Aspekt „Tanz“ aus den Augen zu verlieren.

Rebound Elasticity – tanze wie ein Ninja!

Ich nutze gerne Saidi-Hüpfer, um Rebound Elasticity zu trainieren und den Katapult-Effekt zu erspüren.

Vielleicht gehörst du (noch) zu den Kursteilnehmerinnen, die sich beim Saidi-Hüpfer schwerfällig und plump vorkommen, die schnell ermüden, während deine Dozentin immer noch mit Leichtigkeit herumhüpft?

Das muss nicht daran liegen, dass sie vielleicht 20 Jahre jünger ist ;). Sie hat einfach gelernt, die Faszienkontraktion, die beim Anheben von Gewicht beteiligt ist, aktiv zu nutzen und zu maximieren. Das nennt sich Katapult-Effekt. Sie hat zudem das Timing raus. Dadurch ermüdet ihre Muskulatur weniger schnell und die Bewegung sieht leichtfüßig und elegant aus.

Für folgende Übung verwendest du am besten einen nicht zu schnellen Saidi/Makloub-Rhythmus.
Nimm die Grundhaltung ein und wippe in den Knie im Takt mit, auf jede Zählzeit gehst du nach unten. Finde die optimale Position, Spannung und die Bewegungsgröße, um Ermüdung und Muskelschmerzen hinauszuzögern.
Vielleicht brauchst du hierfür mehrere Anläufe mit Pausen.

Nimm dann die Bewegung in den Füßen auf. Wippe auf dem Ballen mit und vermeide, dass deine Fersen den Boden beim Wippen erreichen (sie kommen ihm aber ganz nah). Laufe so durch den Raum. Fühle dich wie ein Comic-Ninja. Sei lautlos – schau ein bisschen lustig aus ;).

Probiere jetzt genau so den seitlichen Saidi-Hüpfer am Platz.  Mache einen Schritt mit rechts zur Seite auf 1 (mit Wippen). Auf 2 wippe auf dem rechten Bein am Platz und hebe zeitgleich das linke Knie so hoch, dass zwischen Rumpf und Bein ein Winkel von ca. 90° entsteht.
Dein Knie zeigt nach vorne, dein linker Unterschenkel hängt entspannt nach unten (im 90°-Grad-(oder mehr)Winkel zum Knie).
Wiederhole die Übung auf der linken Seite. Du kannst diese Übung auch ohne Musik und ganz langsam machen.

Saidi-Hüpfer auf der Bühne - Foto: R. Jedamzik

Wichtig: Lege die Betonung des Wippens und des entstehenden leichten Hüpfens auf das „Nach-Unten-Gehen“. Wir hüpfen also nicht hoch, sondern runter. Arbeite mit dieser Vorstellung. Hüpfe von einem auf dem Boden liegenden, dicken Buch herunter (wie ein Ninja ;)), damit du das richtige Gefühl für die Bewegung bekommst. Behalte die Grundhaltung und Aufrichtung des Oberkörpers. Sei stolz.
Lande wie ein Ninja, nicht wie ein nasser Sack – den Saidi-Hüpfer hört man nicht!

Vielleicht kennst du den Saidi-Rückhüpfer?
Das „Ninja-Prinzip“ kannst du auch hier anwenden. Und bei allen anderen Hüpfern oder Sprüngen im Tanz. Lautlos und ausdauernd – tanze wie ein Ninja!

Fascial Stretch

Hierbei handelt es sich um dynamische Dehnungen. Dabei wird für ganz wenige Sekunden fließend eine Körperposition in den endgradigen Winkeln eingenommen.
Das kennst du vielleicht aus dem Orientalischen Tanz, wenn du eine Bewegung so groß und so weich wie möglich machen möchtest.
Auf einer Größenskala von 0-10 bewegen wir uns im Orientalischen Tanz meist im gesundheitsbewussten Bereich bis 8, maximal 9, um Verletzungen und Überlastungen zu vermeiden.
Jetzt gehe mal bis 10. Ganz langsam. Aber bitte, ohne die Bewegung in ihrer Ausführung zu verändern, z.B. die Knie zu blockieren. Komme an deine Grenzen und spüre Dehnungen. An dieser Grenze angelangt, arbeite mit Layering, lege eine weitere, kleine Bewegung im gleichen Bereich deines Körpers darüber.

Seitliches Beckenschieben - Stufe 8

Nehmen wir als Beispiel das seitliche Beckenschieben.
Nimm die Grundhaltung ein und schiebe dein Becken ausnahmsweise maximal zu einer Seite hin. Versuche dabei die Knie durchlässig/flexibel zu lassen und nicht zu blockieren und bleibe mit der Schiebebewegung waagerecht. Der Brustkorb bleibt isoliert. Spüre den Zug in der Seite, wie er vielleicht über das Becken in den Oberschenkel läuft.

Baue in dieser Position ein kleines Beckenpendel oder eine Wippe ein. Spürst du die Veränderung in der Dehnung?

Übe fließend und auch die andere Richtung/Seite. Probiere das mit anderen Bewegungen aus. Große Kreise, Achten und und und. Gehe in dein Bewegungsmaximum und pendle, wippe, kippe. Und achte immer darauf, nicht in den Knien zu blockieren. Trainiere langsam und bewusst.
Viele Layerings aus dem Orientalischen Tanz können bei maximaler Größe der Grundbewegung zum dynamischen Dehnen der Faszien genutzt werden.

Ausblick

Im dritten Teil dieser Serie bringe ich die anderen Trainingsaspekte des Faszientraining in Bezug zum Orientalischen Tanz und werde dir hoffentlich weitere Ideen für das eigene Training oder den Unterricht liefern können.